Meine Kindheit und Jugend
10. November 1483: Geburt in Eisleben.
Mein Geburtsjahr steht nicht eindeutig feststeht, es kann 1482, 1483 oder 1488 gewesen sein. Ich erinnere mich nicht. Zu meiner Zeit gab es nämlich kein Standesamt oder keine Kirchenbücher, und Geburtstage hat man einfach nicht gefeiert. Um mir aber gedenken zu können, haben sich später die Gelehrten auf das Jahr 1483 geeinigt. Ich wurde also am 10. November 1483 in Eisleben im Landkreis Mansfeld-Südharz geboren.
Dort lebte ich mit meiner Familie sechs Monate, dann zogen wir in das etwa zehn Kilometer entfernte Mansfeld. Dort verbrachte ich 14 Jahre meines Lebens.
1498-1501: Besuch der Lateinschule Eisenach. Mein Vater war im Bergbau tätig und verdiente gut. Daher konnte er mich in die Schule schicken. Schulpflicht oder ein ausgebautes Schulsystem gab es noch nicht. Wer etwas lernen wollte, musste in die Fremde ziehen. Ich besuchte zuerst die Schule in Mansfeld, Magdeburg und dann die Schule in Eisenach.
Januar 1505: Aufnahme des Jurastudiums an der Universität Erfurt.
Mein Vater hatte Großes mit mir vor und schickte mich mit 17 Jahren auf die Universität in Erfurt. Dort absolvierte ich zunächst das übliche Grundstudium: die sogenannten Sieben Freien Künste. Dazu zählten: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie.
Im Frühjahr 1505 begann ich, auf Wunsch meines Vaters, mit dem Studium der Rechtswissenschaft. Mein Vater erhoffte sich für mich eine Beamtenkarriere an einem Fürstenhof. Dazu sollte es jedoch nicht kommen.
Am 2. Juli 1505: Ich war gerade auf dem Rückweg von meinen Eltern zur Uni nach Erfurt, als ich bei Stotternheim in ein heftiges Gewitter geriet. Plötzlich schlug ein Blitz in meiner unmittelbaren Nähe ein, und der Luftdruck warf mich zu Boden. Vor Schreck gelobte ich : „Hilf du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!“ Ich überlebte zum Glück das Gewitter und trat am 17. Juli 1505 als Novize in das Kloster der Erfurter Augustiner-Eremiten ein. Meine Oberen bestimmten mich dann auch zur Priesterweihe (Erfurt 04.04.1507) und zu einem Theologiestudium, welches ich im Sommer 1507 antrat. Im Herbst 1507 legte ich dann mein Mönchsgelübde im Erfurter Dom ab, und sehr schnell begannen in mir starke Glaubenskämpfe.
Im November 1510 schickte mich Johann von Staupitz, er war mein Förderer und Beichtvater, gemeinsam mit einem Ordensbruder nach Rom, um dort Angelegenheiten des Augustiner-Ordens zu verhandeln. Ich war wohl knapp 30 Jahre alt als ich den Fußmarsch über die Alpen antrat. Der Petersdom war eine Baustelle, und ich konnte mit eigenen Augen sehen, wie das Geld aus dem später von mir angeprangerten Ablasshandel verbaut wurde.
In Rom tat ich Gutes für meinen Orden. Eine Generalbeichte sollte mir zum völligen Ablass verhelfen. Allerdings war ich enttäuscht von der Selbstgefälligkeit der kirchlichen Hierarchie.
„Gibt es eine Hölle, so steht Rom darauf.“