1511 - 1520
1511 kehrte ich enttäuscht aus Rom zurück und lehrte ich dann Moralphilosophie an der Universität Wittenberg. Nach Abschluss meiner Studien wurde ich am 18. Oktober 1512 Theologieprofessor und übernahm die Professur für Bibelauslegung an der Theologischen Fakultät. Ich war Subprior des Wittenberger Augustiner-Eremitenklosters. Ich lebte mit großem Ernst und Eifer weiter als Mönch und erfüllte all meine Pflichten.
Im Frühjahr 1513 erfuhr ich dann eine Stunde religiöser Erkenntnis im Turm des Schwarzen Klosters zu Wittenberg. Ich entdeckte die Gnade und den Glauben als Grundlage für die Rechtfertigung vor Gott. Die Reformation brach sich Bahn.
1517: Papst Leo X. erneuert den 1506 ausgeschriebenen Jubiläumsablass, als er für den Bau der neuen Peterskirche Geld benötigt. Johann Tetzel verkauft im Auftrag von Albrecht, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, den Ablass in Magdeburg und Brandenburg.
Am 31. Oktober 1517 schlug ich dann meine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg. In ihnen kritisierte ich den Ablasshandel und prangerte die lasche Praxis der Sündenvergebung an. Mit Ablassbriefen konnten Gläubige bei der Kirche einen Erlass ihrer Schuld erkaufen, jeweils im Verhältnis zur Höhe der bezahlten Summe. Mir war dies zuwider. Etwa ein Jahr vor dem Thesenanschlag, 1517, begann ich, gegen den Ablasshandel zu predigen. Ich habe meine 95 Thesen übrigens niemals an eine Tür genagelt. Stattdessen veröffentlichte ich meine Thesen, indem ich den "Dienstweg" einhielt und sie meinem Dekan an der Universität vorlegte. Dann wurden sie gedruckt und an die Studenten verteilt.
"Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: 'Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen', wollte er, dass das ganze Leben der Glaubenden Buße sei."
Etwa ein halbes Jahr nach meinem Thesenanschlag in Wittenberg hatte ich die Möglichkeit, an der Heidelberger Universität meine Ansichten zu diskutieren. Die Professoren teilten jedoch meine Ansichten hinsichtlich der Rechtfertigung vor Gott nicht. Bei der Rechtfertigung geht es um die Frage, wie ein durch Sünden beschmutztes Verhältnis zwischen Mensch und Gott wieder in Ordnung kommen kann. Bei den Studenten, die der Diskussion lauschten, fielen meine Thesen auf fruchtbaren Boden. Unter den Zuhörern befanden sich Personen, die später als Reformatoren Bekanntheit erlangen sollten: Johannes Brenz, Martin Frecht, Martin Bucer, und Theobald Billican. Sie setzten die Reformation im Südwesten durch.
12.-14. Oktober 1518: Mein Verhör durch Kardinal Cajetan in Augsburg. Ich verweigerte den Widerruf meiner Schriften.
Zu den Aufgaben Cajetans im Reich gehörte mein Verhör beim Reichstag zu Augsburg 1518. Die Anhörungen fanden im Stadtpalast Jacob Fuggers statt, wo Cajetan wohnte. Bei ihrer dreitägigen Unterredung forderte mich Cajetan auf, meine 95 Thesen über den Ablasshandel zu widerrufen, da Cajetan einzelne Punkte unter Berufung auf die Bulle Unigenitus Dei filius von Papst Clemens VI. für ketzerisch hielt. Am 12. Oktober erschien ich ohne Begleitung vor dem Tribunal. Der Moderator Urban di Serra Longa forderte mich auf, ich möge vor Kardinal Cajetan treten und meine Irrtümer widerrufen. Ich strebte aber einen Disput an. Ich wies das Ansinnen, eine Belehrung durch die Vertreter der Kurie anzunehmen, strikt zurück. Die Stimmung eskalierte. Am nächsten Tag erschien ich in Begleitung meines Ordensoberen Johann von Staupitz, vierer kaiserlicher Räte und einer Gruppe ausgesuchter Zeugen, darunter eines Juristen, der einen von mir verfassten Text verlas. Darin ließ ich erklären, dass ich mich dem Urteil und dem Rechtsbeschluss der heiligen Kirche und all jener, die besser unterrichtet seien als ich selbst, unterwerfe. Ich bestritt aber, irgendetwas ausgesprochen zu haben, dass der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern oder einem päpstlichen Dekret widersprochen hätte. Am 14. Oktober trug ich persönlich einen längeren Text vor, in dem ich meine Auffassungen und die angesprochenen Themen erläuterte, die ich mit Bibelzitaten belegte. Mich initiierte ein theologisches Gespräch. Als wichtige Punkte brachte ich die Natur des Gnadenschatzes und des Glaubens im Sakrament vor. Meine Freunde rechneten mit einer Verhaftung. Ich entzog mich dieser eine Woche später, in der Nacht auf Donnerstag, dem 21. Oktober, indem ich aus der Stadt flüchtete.
27. Juni - 16. Juli 1519: Leipziger Disputationen mit Johannes Eck. Ich brach mit der römischen Kirche, als ich die Unfehlbarkeit der Konzilien und den Primat des Papstes anzweifelte. Ich ließ nur noch Abendmahl und Taufe als Sakrament gelten.
Ich gegen Eck – die Leipziger Disputation
Leipzig wurde im Sommer 1519 zum Schauplatz eines aufsehenerregenden und folgenschweren Rededuells zwischen mir und dem papsttreuen Theologen Johannes Eck aus Ingolstadt. Eck und ich hatten das Streitgespräch im Oktober 1518 vereinbart, wobei ich als Ort hierfür Erfurt vorschlug, Eck jedoch Leipzig, denn die Leipziger Stadtväter und Theologen waren für ihre antireformatorische Haltung bekannt.
Ich nahm Ecks Vorschlag an, und wir beide beantragten bei Herzog Georg, den Disput vor Gelehrten der Universität Leipzig führen zu dürfen. Die Theologische Fakultät aber lehnte ab, so dass der Landesherr das Streitgespräch kurzerhand in die Hofstube der Pleißenburg verlegte.
Während Eck sich im Haus des Bürgermeisters Benedikt Beringershain an der Ecke Petersstraße/Thomasgässchen einquartierte, wohnte ich mit meinen Begleitern Philipp Melanchthon und Andreas Karlstadt beim Buchdrucker Melchior Lotter in der Hainstraße. Auch etwa 200 bewaffnete Wittenberger Studenten waren mit mir nach Leipzig gekommen.
Lotter sympathisierte mit meinen Ideen und gab meine Schriften heraus. Am ehemaligen Wohnhaus Lotters erinnert eine Tafel an meinen Aufenthalt.
Schon vor der Disputation vom 26. Juni bis zum 15. Juli 1519 waren die Thesen, über die diskutiert werden sollte, erschienen. Während Eck das Primat des Papstes und die Gewalt der Konzilien verteidigte, äußerte ich, dass nicht alle Thesen des Reformators Jan Hus falsch und ketzerisch seien – und vollzog damit den endgültigen Bruch mit der römisch-katholischen Kirche.
Am 15. Juli 1519 hielt der Rektor der Universität Leipzig, Johann Langius Lembergius, die Schlussrede, der Thomanerchor und die Stadtpfeifer beendeten die Disputation. Beide Lager sahen sich als Sieger der Auseinandersetzung. Herzog Georg aber befürchtete, ich könnte ein zweiter Hus werden und blieb zeitlebens ein Gegner der Reformation.
In Leipzig breiteten sich die reformatorischen Ideen indessen immer weiter aus.
Zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 wurde am Neuen Rathaus, das auf einem Teil der ehemaligen Pleißenburg entstand, ein Erinnerungsort an die Leipziger Disputation enthüllt. Es zeigt die Porträts von Johannes Eck und mir, und erläutert mit einem Text das historische Ereignis.
1520 veröffentlichte ich meine drei reformatorischen Hauptschriften: "An den christlichen Adel deutscher Nation", "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" und "Von der Freiheit eines Christenmenschen".
Am 15. Juni 1520 Verurteilte Papst Leo X. meine Lehre durch die Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“
Am 10. Dezember 1520 verbrannte ich die päpstliche Bannandrohungsbulle und einige Schriften der Scholastik und des kanonischen Rechts am Elstertor in Wittenberg. Letztlich der endgültige Bruch mit der römischen Kirche. In der Bulle, einer Urkunde des Papstes, wurden 41 meiner Sätze verdammt, und man setzte mir eine Frist von 60 Tagen, um mich zu unterwerfen - ansonsten drohe mir der Kirchenbann, also der Ausschluss. Mit einer weiteren Bulle, dem Decet Romanum Pontificem, wurde ich schließlich am 3. Januar 1521 von Papst Leo X. exkommuniziert. Ich wurde somit aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen.